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Joerg Weber über die Förderung regionaler ökologischer Landwirtschaft und die Verbindung zu den Bürgern.

Der Bankkaufmann und Betriebswirt Jorg Weber war immer schon gesellschaftspolitisch sehr aktiv. In einem kleinen Team baute er den Kreditbereich der Ökobank e.G. mit auf und arbeitete während der entscheidenden Anfangsphase als Firmenkundenbetreuer. Danach war Joerg Weber in unterschiedlichen Unternehmen in Frankfurt am Main tätig, die er mit aufbaute und leitete. Seit 2001 ist er selbständig und gründete 2004 das Networking- und Beratungsunternehmen Weber Networking GmbH. Seit Oktober 2011 leitet Joerg Weber als Vorstand die von ihm mitinitiierte und gegründete Bürger AG. 2017 gründetet er mit dem Verein "Bürger für regionale Landwirtschaft und Ernährung" den ersten Ernährungsrat Frankfurts.

Interview: Daniela Mahr, Dezember 2018
Foto: Joerg Weber

Das Engagement für ein ökologisch sinnvolles, faires und soziales unternehmerisches Handeln dient auch der Weiterentwicklung unserer Region.

Was ist die Bürger AG Frankfurt?

Die genaue Bezeichnung ist „Bürger AG für nachhaltiges Wirtschaften FrankfurtRheinMain“. Wir laden Bürger/-innen zur Beteiligung an der Finanzierung nachhaltiger Landwirtschaft und Projekten in der Region ein. Wir verkaufen Namensaktien, d.h. wir wissen wer bei uns beteiligt ist und investieren in die regionale Bio-Land- und Ernährungswirtschaft. Wir möchten helfen, landwirtschaftliche Flächen und Höfe für unsere Ernährung sowie die Zukunft zu sichern. Die Mischung aus Finanzierungsmodell und Netzwerk, ist bisher einzigartig in Deutschland, und die Nachfrage ist relativ groß. Das Engagement für ein ökologisch sinnvolles, faires und soziales unternehmerisches Handeln dient auch der Weiterentwicklung unserer Region.

Wie kamst Du auf die Idee? Was hat Dich dazu gebracht?

Ich bin eigentlich Banker/Betriebswirt und habe in den 80iger Jahren die Ökobank eG mitgegründet und aufgebaut. In einem Gespräch mit Vertretern des Bio Großhändlers Phönix überlegten wir, wie man die regionale Bio-Landwirtschaft besser unterstützen könnte. Die Idee der Bürger AG war geboren Ich schrieb ein Konzept und überzeugte die ersten Aktionär/-innen. So kam es, dass ich seitdem die Bürger AG aufbaue, was ich aber nicht ohne die vielen ehrenamtlichen Helfer/-innen schaffen würde.

Was waren die Startschwierigkeiten und wie bist Du damit umgegangen?

Eine der größten Startschwierigkeiten war die Erstellung eines BaFin (Finanzaufsicht) Prospektes. Dann kam hinzu, dass wir nicht das Geld hatten, um große Marketingmaßnahmen durchzuführen. Dennoch, einige Tagezeitungen und Journale haben uns wirklich unterstützt und so haben die Menschen von der Bürger AG erfahren.


Gesellschaftliches Engagement und Nachhaltigkeit sind seit jeher sehr wichtig für Dich. Was ist der Kernpunkt, der Dich dabei antreibt?

Ich muss auf diesem Planeten mindestens so viel hinterlassen, wie ich vorfinde, d.h. wir müssen lernen, die Erde nicht immer weiter auszubeuten. Deshalb müssen wir die Art und Weise wie wir handeln schnellstens ändern. Die heute in der konventionellen Landwirtschaft genutzte Praxis vergisst, dass unsere Ressourcen endlich sind.

Mit dem Verein "Bürger für regionale Landwirtschaft und Ernährung" leistest Du einen Beitrag dazu. Was genau sind die Ziele des Vereins?

Ziel unseres Vereins ist es, Brücken zu bauen, Brücken zwischen den Verbrauchern auf der einen Seite und den Bauern, Verarbeitern und Händlern auf der anderen Seite.

Ackerbau und Viehhaltung geraten immer weiter aus dem Blickfeld der Menschen. Ein direkter Kontakt zwischen Landwirten und Bevölkerung findet kaum noch statt. Die Entfernung vieler Verbraucher zur Lebensmittelproduktion führt zu schwindender Wertschätzung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse.

Durch eine einseitige Ausrichtung des Ernährungssektors an kostenorientierter Massenproduktion hat die Konzentration von Lebensmittelproduktion, -verarbeitung und –handel stark zugenommen. Fertigprodukte machen es den Verbrauchern schwer, die Qualität von Nahrungsmitteln zu erkennen. Das Wissen, das kulturelle Bewusstsein und das Können rund um die natürliche und gesunde Nahrungszubereitung geht immer mehr verloren. Die so entstandene Fehlernährung belastet den einzelnen Bürger und zusätzlich das Gesundheitssystem.

Unser Verein möchte dazu beitragen, das öffentliche Bewusstsein auf diese Fehlentwicklungen zu richten und durch die Förderung und Stärkung der regionalen ökologischen Landwirtschaft und ihrer Verbindung zu den Bürgern eine gesunde Ernährung zu fördern.

Ich bin der Meinung, dass die zwischenmenschliche Wärme fehlt.


Was sind für dich die besonderen Orte in Frankfurt?

Ich mag Frankfurt und es gibt viele Geheimtipps. Zum Beispiel das KünstleratelierFrankfurt e.V., den Schwedler See, die Parks oder die ursprünglichen Äppler-Kneipen abseits der Touristenströme.

Wie siehst du die aktuelle gesellschaftliche Situation? Was läuft schief, was gibt Hoffnung?

Ich bin der Meinung, dass „die zwischenmenschliche Wärme“ fehlt. Viele Menschen agieren selbstbezogen und meinen, Lebensqualität ließe sich mit Geld erkaufen. Von der Politik erwarte ich, dass sie sich vehementer den Lobbyinteressen der Industrie entgegensetzt. Positiv sehe ich, dass es mittlerweile sehr viele junge Menschen gibt, die sich für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen.


Und im speziellen Bezug auf Frankfurt?

In Frankfurt sehe ich große Probleme bei der Mietentwicklung, die zu einer Verdrängung v. a. von weniger gut verdienenden und alten Menschen führt. Dadurch verlieren wir Vielfalt. Zudem sollte von Frankfurt eine nachhaltige Initiative ausgehen, um mehr innerstädtischen Wohnraum im Umkreis bis zu 30 km zu schaffen.

Joerg Weber auf reflecta.network

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